Dienstag, 23. November 2010

Kapitel Zwei

Kapitel Zwei

Die
Zauberflöte:
Mozarts magische
Feier der Gottwerdung,
des Monads Mann/Frau und
des Tempels als Bild des Celestialen

“Dieses lächerliche, widersinnige und fade Product, dabei der Verstand stille stehen und die Critik erröthen muß, würde ohne Composition des großen Mozart vergessen und verachtet sein, aber durch die großen Talente dieses Genies, die er dabei in ihrer ganzen Stärke zeigte, gewann das Ganze; man überhörte den Unsinn ... man lachte über die Caricaturen, und ergötzte sich an dem Zauber der Musik ...” (aus einer zeitgenössischen Besprechung)1

Seit ihrer Uraufführung vor über zwei Jahrhunderten wurde Die Zauberflöte (1791) wegen Emanuel Schickaneders2 verachtungswürdigen Librettos genauso durchschlagend diffamiert und verleugnet als wegen Wolfgang Amadeus Mozarts glorreicher Partitur himmelhoch gelobt. Und obwohl sie über Jahre hindurch eines der meist gespielten Werke im Weltopernrepertorium war und noch heute ist, nach den geringschätzigen Bemerkungen vieler Lästerzungen über ihr Libretto zu schließen, trotz allem musikalischen Anreiz ist sie das wohl unwahrscheinlichste deutsche Kunstdenkmal, von Seiten der Literatur und der Philosophie je ernstgenommen zu werden.

Das Problem wurde und wird weiter verewigt und erschwert, indem man bei den meisten Bühnenaufführungen wie auch Film- und Tonaufnahmen wesentliche Teile des Sprechdialogs dieses vermutlich zweitrangigen Textes einfach wegläßt, denn das spart unter anderem Zeit, Geld, Schauspielermühe und Platz auf DVDs bzw. CDs.

Der Vorurteil gegenüber dem Libretto wurde durch das Schauspiel von Peter Shaffer und den gleichnamigen Film von Miloš Forman, Amadeus, keineswegs verringert, denn Emanuel Schickaneder wird dort als halb Scharlatan, halb Clown dargestellt, dessen Ferkeleien in seinem Theater auf der Wieden in jenen Würsten den Tiefpunkt erreichten, die im Film einem Pappmachépferd aus dem Hintern gezogen werden.

Es müßte jedem aber doch klar sein, dass Shaffer und Forman das Weltbild von Mozarts angeblichem Kontrahenten Antonio Salieri aus seiner Irrenanstalt zeigen wollten: Salieris vermeintliche Meinung zu Schickaneder soll genauso verrückt und verzerrt sein wie seine Darstellung von Mozart als schamlos frechen, kreischenden Trottel mit Clownperücke. Ausserdem verschweigen Stück wie auch Film, dass Mozart und Schickaneder Freimaurer waren, ernsthafte und angesehene Logenbrüder, und dass sie Die Zauberflöte als künstlerischen Ausdruck ihres tiefsten religiösen und humanistischen Glaubens beabsichtigten, nicht etwa als Unsinn oder gar Mumpitz.

Ironischerweise können es aber gerade diese Verbindungen zum Freimaurertum gewesen sein, die dazu beigetragen haben, dass das Libretto anfangs in Verruf kam, denn die Oper erschien gerade in einer Zeit, wo die Freimaurer in Österreich einen abschüssigen Verfall erleben mußten. Man fürchtete, erst zwei Jahre nach dem Ausbruch der Französischen Revolution, die Freimaurerlogen – wie auch die Rosenkreuzer, die fratres de cruce und die Asiatischen Brüder – könnten als Brutstätten des radikalen Jakobinertums dienen, besonders in den weiten Ecken der K&K-Monarchie, wo der Kaiser um seine Macht am meisten bangte.3

Joseph II., Bruder der unterganggeweihten Franzosenkönigin Marie Antoinette, hatte schon Ende 1785, auf ein Jahr genau nachdem sich Mozart der Loge Zur Wohltätigkeit anschloss, wie ein Blitz aus heiterem Himmel sein Freimaurerpatent gegen die Logen erlassen, worauf hin die Zahl der Freimaurer in Wien innerhalb eines Jahres von etwa 800 auf 100 heruntersank. Und als der noch relativ freidenkende Joseph II. 1790 starb und zwei Jahre später sein Bruder Leopold auch ablebte, kam Franz II., der Sohn Leopolds und der Neffe Josephs II., an die Macht. Unter dem eher reaktionären Franz hörte das Freimaurertum in Österreich praktisch auf zu existieren.4 Das Schlimmste mußte Mozart allerdings nicht mehr erleben: er blieb Freimaurer bis zu seinem Tode am 5. Dezember, 1791, kurze zwei Monate nach der Uraufführung der Oper. Es gab keinen solchen großen Namen mehr, der weiterhin das Libretto hätte verteidigen sollen.

Jedenfalls in Österreich. In Deutschland aber gab’s doch solch einen renommierten Namen, der das Libretto nicht nur nicht zerriß, sondern auf den das Libretto sogar einen großen Reiz ausübte, nämlich Johann Wolfgang von Goethe, selber Freimaurer, der in seiner Aufgabe als Direktor des Herzoglichen Hoftheaters zu Weimar zwischen 1794 und 1817 nicht weniger als 82 Aufführungen der Zauberflöte über die Bühne leitete.5 Und es ging ihm nicht nur um die Partitur: 1795 fing er an, Der Zauberflöte Zweiten Teil zu erdichten. Nach drei Jahren und zwei Aufzügen ließ er das Projekt stehen, denn – das eingehend auf den Grund zu gehen ginge hier zu weit – der Stoff floß in seinen Faust hinüber, der mit seiner Zauberflöte Zweitem Teil sehr viel gemeinsam hat.6

Aber das beste Argument für das Libretto dürfte vielleicht das sein, dass Mozart selber, nicht nur Schickaneder, daran beteiligt war. Stefan Kunze schreibt in seinem Buch Mozarts Opern: “Es bleibt ein Wort zur Autorschaft des Zauberflöten-Textes zu sagen. Seit Otto Jahns fundamentaler Mozartbiographie wird mit periodischer Regelmäßigkeit als Autor oder mindestens als Mitautor Karl Ludwig Giesecke genannt – ohne Zweifel mit dem unausgesprochenen, aber ehrenwerten Motiv, den Zauberflötentext auf Umwegen aufzuwerten ... Aber die Theorie stützt sich auf nur ein (und dazu fragwürdiges) Zeugnis: nämlich das Selbstzeugnis Gieseckes während eines Wirtshausgesprächs im Jahre 1818 in Wien. Das ist alles – und zu wenig. Aber auch die Fragestellung ist verfehlt und irrelevant. So falsch es ist, die Autorschaft auf den Text allein zu beziehen, so wenig ist ein Stück wie die Zauberflöte als literarisches Eigentum eines Autors aufzufassen. Es ist nicht die Frage, welcher Autor, ob einer oder mehrere, sondern ob überhaupt ein Autor im strengen Sinne. Was den Autor ausmacht, Individualität des Gedankens, der dichterischen Formung, das alles ist im Schikanederschen Libretto eher sekundär. In der szenischen Konzeption aber mögen Giesicke und andere ihre Anregung gegeben haben. Wenn es aber einen Mitautor der Zauberflöte gab, dann war es einer, von dessen Anteil wir nicht im geringsten unterrichtet sind: nämlich Mozart.”7

Das Libretto zeigt in der Tat eine ästhetische und architektonische Raffinesse, welche Schickaneder in seinen späteren Libretti nie erreicht hat, und welche eher einem Mozart zuzutrauen wäre. (Am leichtesten könnte man sich selber davon überzeugen, wenn man Schickaneders “Labyrinth oder Der Kampf mit den Elementen” von 1798 in die Hand nähme.) Schickaneder schrieb jedenfalls selber nach Mozarts Tode: “Ich habe die Zauberflöte mit dem seligen Mozart fleißig durchdacht.”8

Wie dem auch sei, durch diese paar Andeutungen und durch Goethes gute Meinung zu der literarischen Qualität ermutigt, trete ich auch dafür ein und behaupte in diesen Seiten sogar, dass die Zauberflöte einer der wichtigsten kultureller Knotenpunkte der deutschen Kultur schlechthin ist, dass in der Zauberflöte viele wichtige Ströme der deutschen Kultur zusammenfließen um dann aus ihr in bedeutende neuere Werke weiterzufließen.

Aus dem alten Ägypten fließen z.B. Gedanken über den Sinn und Zweck des Lebens, über Tod und Auferstehung, über das Wesen der Götter, und vieles mehr. Aus dieser musikalischen Quelle fließen dann erstaunlich moderne Ideen in die deutsche Kultur weiter hinein, z.B. die Gleichheit der Geschlechter, aller Menschenrassen und Gesellschaftsklassen; die Möglichkeit, dass die Gesellschaft sich vervollkommnen kann; dass Menschen den Göttern gleich werden können; und dass es die Liebe und “das Ewig-Weibliche” sei, die dies alles ermöglicht. Das sind alles Themen, die wir dann auch nach 1791 bei Goethe, Beethoven, Schiller, Wagner, Hofmannsthal, Richard Strauß, Wenders und Handke, in der Tat durch zwei Jahrhunderte deutscher Kultur hindurch vorfinden und in diesem Buch kurz besprechen werden.

Vorerst aber wollen wir uns der Oper näher zuwenden und einige spezifische Probleme des Librettos betrachten. Eine verbreitete Ansicht, meist “Bruchtheorie” genannt, behauptet, die Handlung und die Personen der Oper litten an einer Verrückung in der Mitte, nachdem Mozart den Hauptanteil der Musik schon komponiert hätte. Die Königin der Nacht, die anfangs gut ist, und Sarastro, der anfangs böse ist, hätten irrsinnigerweise die Rollen getauscht.

Die mutmaßliche Erklärung dafür ist auch weitverbreitet: Im Juni 1791, fünf Monate vor der Uraufführung der Zauberflöte am 30. September, brachte ein konkurrierendes Schauspielhaus, das Theater in der Leopoldstadt, eine Oper mit dem Titel “Kaspar der Fagottist oder die Zauberzither” heraus. Damit es nicht aussehen sollte, dass Mozart und sein Librettoteam etwa von der Konkurrenz geklaut hätten, soll man eben diese Änderungen in der Handlung und in den Personen vorgenommen haben. Mir ist nicht klar, was damit gewonnen wäre. Und wenn dem tatsächlich so gewesen wäre, müßte man sich fragen, warum Mozart und Co. noch den unheimlich ähnlichen Titel beibehalten haben!

Ich glaube, es gibt eine noch viel bessere Erklärung für den sogenannten “Bruch.” Die Handlung soll von Anfang an eine raffinierte Prüfung sein, eine erkenntnistheoretische Etüde in Schein und Sein. Kurz, ich halte den ganzen Anfang der Oper für eine absichtliche Täuschung und Irreführung, welche die Personen auf der Bühne durchschauen und entlarven sollten. Aber auch die Menschen vor der Bühne sollten lernen, Unterstellungen, Anspielungen, Indizienbeweise und Gerüchte auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen, um auch im Leben hinter dem Schein das wahre Sein entdecken zu können. Wir wollen nun mal die Handlung und die Personen näher untersuchen:

Als der Vorhang aufgeht, sieht man einen Prinzen namens Tamino, der von einer Schlange9 verfolgt wird. Seine Pfeile sind ihm ausgegangen und er fleht die Götter an, bevor er in eine Ohnmacht fällt, mit folgenden Worten:

Zu Hilfe! Zu Hilfe! Sonst bin ich verloren,
Der listigen Schlange zum Opfer erkoren.
Barmherzige Götter! Schon nahet sie sich!
Ach rettet mich! Ach schützet mich!

Drei Damen der Sternflammenden Königin bzw. Königin der Nacht erscheinen und erlegen das Ungeheur mit ihren silbernen Wurfspießen. Von seinem äußeren Erscheinungsbild hingerissen, streiten sich die Damen bald darüber, wer bei dem Prinzen bleiben und wer zur Königin eilen sollte, über ihn zu berichten. Schlußendlich traut keine den beiden anderen, mit dem Jungen allein zu sein, und alle drei ziehen zögernd los.

Als der Prinz aufwacht, sieht er also nur eine kuriose männliche Figur namens Papageno sich nahen, ein einfacher Naturmensch, der sich seinen Lebensunterhalt dadurch verdient, indem er Vögel für die Königin und ihre Damen fängt, und dessen Bekleidung aus Federn ihn selber fast zu einem Vogel stempelt. Sogar sein Name erinnert irgendwie an das Wort Papagei. In seiner Arie preist er sein Talent, Vögel zu fangen, wünscht sich aber am liebsten, er könne auch Mädchen fangen, und zwar dutzendweise, nicht etwa der Vielweiberei wegen, sondern weil er sie dann genau wie seine Vögel gegen Zuckerwerk tauschen könnte, das er dem einen Mädchen geben würde, das ihm inzwischen am liebsten wäre.

Aus Angst vor Tamino und um ihn auf Distanz zu halten, behauptet Papageno, Riesenkraft zu haben. Aha, denkt sich Tamino, dieser Mensch muß es gewesen sein, der die Schlange bekämpft hatte. Jetzt erst sieht Papageno die verendete Schlange. Aus Schreck und Furcht erweitert er die Notlüge. Daraufhin erscheinen die drei Damen wieder und schlagen ihm ein Schloß vor den Mund, damit er nie wieder lügen sollte.

Dann teilen die Damen Tamino mit, dass Pamina, die Tochter ihrer Königin, von einem mächtigen bösen Dämon namens Sarastro geraubt worden sei. Sie zeigen ihm ein Bild von ihr, in das er sich sofort verliebt: “O wenn ich sie nur finden könnte! ... Ich würde sie voll Entzücken an diesen heißen Busen drücken, und ewig wäre sie dann mein.”

Jetzt kommt mit großem Theater, Tamtam und Trara die Königin selber und beauftragt Tamino, ihre Tochter zu retten. Pamina soll seine Gattin werden, wenn ihm die Rettung gelingt. Der sich sträubende Papageno soll als Reisegefährte mitgehen. Die beiden sollen durch drei Knaben nach Sarastros “Burg” geführt werden, die ihnen auf der Reise umschweben sollen – die Knaben schweben auch oft auf der Bühe in einer Art Heißluftballon daher, denn sowas stand seit 1783 wegen der Brüder Montgolfier in Europa ganz in Mode – und Tamino und Papageno sollten auch durch zwei zauberhafte Musikinstrumente geschützt werden, die namhafte Zauberflöte und ein Glockenspiel.

Bis zu diesem Punkt haben sich die drei Damen mit ihrer Königin als Vorbilder der Tugend ausgegeben. Sarastro sei dagegen ein mächtiger böser Dämon, der junge Damen aus den Armen der liebenden Mütter raube. Alle Anscheinsbeweise sprechen für die Königin und ihr Gefolge: sie töten die böse Schlange, retten Tamino das Leben, bestrafen einen Lügner mit einem Schloß vor dem Mund, und sie vertreten auch in einem Lied die kaum diskutable Auffassung, dass die Welt besser wäre, wenn alle Lügner ein solches Schloß vor den Mund bekommen sollten.

Aber bei solchen Meinungen ist oft Vorsicht geboten: da winken und drohen von weitem schon Heuchelei und Zwang: bei Shakespeare sind es oft die schlimmsten Schurken [z.B. Polonius in Hamlet], diese Prinzipienreiter, welche Plattitüden speien, jene Bonmots, die man sooft in Predigten hört: “Kein Borger sei und auch Verleiher nicht ...” “Dies über alles: sei dir selber treu. Und daraus folgt, so wie die Nacht dem Tage, Du kannst nicht falsch sein gegen irgendwen.”10 Unter dem Einfluß von solchen Worten zu Sonntag kann man auch leicht übersehen, dass die drei Damen, während Tamino bewußtlos ist, ihren damenhaften Anstand fallen lassen und in einer Szene voll erotischer Begierde sich fast in eine Schlägerei darüber verwickeln, wer bei ihm bleiben soll! Und das sollen Vorbilder der Keuschheit und Tugend sein?

Allerdings sieht es noch so aus: Die Damen sind es, die Tamino die Zauberflöte und Papageno das Glockenspiel schenken. Letzteren müssen sie zwar auf süßer Art und Weise zwingen, auf die Reise mitzugehen, weil er (von ihnen) schon gehört hatte, dass Sarastro “wie ein Tigertier!” sei. “Sicher ließ ohn’ alle Gnaden mich Sarastro rupfen, braten, setzte mich den Hunden für.”

Außerdem sind es die drei Damen, die Papageno und Tamino über die drei Genien informieren, diese jungen Geistesführer, welchen den unerschrockenen Rettern den Weg nach Sarastros Burg zeigen sollten. Allerdings erscheinen, laut Libretto, diese Knaben erst später; hier werden sie lediglich erwähnt. (Was von den meisten Regisseuren übersehen wird, weil es doch harmlos scheint, dass man die Knaben hier zeigen sollte... Ingmar Bergman, ein ganz besonderer Regisseur, der das Problem darin wittert, zeigt in seinem Film zwar die Knaben, läßt aber einen schwarzen Schleier über die Damen fallen, als die Knaben erscheinen, um sie von den Damen zu distanzieren.) Und wer wird schon so früh in der Oper einen Braten riechen, ... außer Tamino!?

Bereits nach dem Besuch der Königin beginnt in Tamino ein heimlicher Verdacht aufzusteigen, dass das alles vielleicht doch irgendwie nicht mit rechten Dingen zugehe, dass es Blendwerk sei: “Ist’s denn auch Wirklichkeit, was ich sah? Oder betäuben mich meine Sinne? Oh, ihr guten Götter! Täuscht mich nicht, oder ich unterliege eurer Prüfung. Schützet meinen Arm, stählt meinen Mut, und Taminos Herz wird ewigen Dank euch entgegenschlagen.” (Ingmar Bergman zeigt das auf besonders subtiler Weise: während ihrer Aria blickt die Königin schlau zur Seite, um nach der Wirkung ihrer großen Lüge auf Tamino zu schauen, was man nur in einer Nahaufnahme im Film sehen kann, weil man sonst zu weit von der Bühne wäre, um sowas sehen zu können.) Sein Gebet sollte man im Auge behalten, während die Handlung weitergeht.

Von Tamino auf der Reise vorübergehend getrennt, trifft Papageno vor dem Prinzen in der Burg des vermeintlichen Dämons ein. Er findet sofort ein erschreckendes böses Wesen vor, einen schwarzen Mohren, Monostatos, der gerade in dem Augenblick dabei ist, Pamina in Ketten zu schlagen, weil sie einen Fluchtversuch gewagt hatte. Dieser Mohr herrscht hier auf grausame Art über einen Haufen Sklaven, in deren Augen er der leibhaftige Teufel ist, und die sich alle nach Rettung aus seiner furchtbaren Tyrannei sehnen, was unsere Ansicht natürlich erhärtet, Sarastro, sein Meister, muß seinerseits ein Erzbösewicht sein.

Aber, von diesen Sklaven erfährt man dann auch, dass Pamina den Monostatos zum Stillstand brachte, indem sie den Namen Sarastro ausrief, was “den Mohren erschütterte; er blieb stumm und unbeweglich stehen” während sich Pamina vorerst in einer Gondel davon machen kann. Also ist Sarastro vielleicht doch nicht nur der böse Meister eines bösen Günstlings.

Der Mohr ist genauso erschrocken von Papagenos vogelartiger Erscheinung als Papageno von seiner schwarzen Haut. Wenn sie sich sehen, rufen sie aus, unisono: “Das ist – der Teuf – el si – cherlich!” Sie hauen beide ab, aber Papageno kommt sofort zurück, denn er hat sich schnell überlegt: es gibt doch schwarze Vögel auf dieser Welt, warum soll es keine schwarzen Menschen geben?

Er stellt sich der Pamina vor, sagt ihr, der Prinz sei in sie verliebt und auf dem Wege hierher, sie zu retten, er habe nach den drei Knaben gesucht und Papageno vorausgeschickt. Weil er ihr Bildnis bei sich hat, das ihre Mutter Tamino überließ, kann sie bald ihre Furcht überwinden, er könnte ein böser Geist aus Sarastros Gefolge sein. Außerdem scheint er ein gutes Herz zu haben.

Nun, wo sie vertraut sind, beklagt er sich darüber, keine Freundin, geschweige denn eine Frau zu haben. Pamina versichert ihm eine: “Geduld, Freund! Der Himmel wird auch für dich sorgen; er wird dir eine Freundin schicken, ehe du dir’s vermutest.” Jetzt singen sie im Duett über die Liebe, dieses in Deutsch weibliches Wort, welche als eine Art Göttin in der ganzen Natur wirksam ist. Im Schlußchiasmus (der andeuten soll: Mann geht nicht vor Weib, Weib geht nicht vor Mann) stellt man fest, diese allgegenwärtige und allmächtige Kraft, die Liebe, vermag sogar die Menschen paarweise zu Göttern zu machen:

Pamina. Bei Männern, welche Liebe fühlen,
Fehlt auch ein gutes Herze nicht.

Papageno. Die süßen Triebe mitzufühlen,
Ist dann der Weiber erste Pflicht.

Beide. Wir wollen uns der Liebe freun,
Wir leben durch die Lieb’ allein.

Pamina. Die Lieb’ versüßet jede Plage,
Ihr opfert jede Kreatur.

Papageno. Sie würzet unsre Lebenstage,
Sie wirkt im Kreise der Natur.

Beide. Ihr hoher Zweck zeigt deutlich an,
Nichts Edlers sei als Weib und Mann.
Mann und Weib und Weib und Mann
Reichen an die Gottheit an.


Mittlererweile hat Tamino die drei Geisterknaben gefunden und wird von ihnen, jeder mit einem Palmenzweig in der Hand – einem Symbol des Friedens – zu der von Tamino vermuteten “Burg” des Sarastro geführt. Doch seine Erwartung, das dies hier der unbezwingbare Sitz eines bösen Dämons sei, wird nicht durch ihre Architektur bestätigt: die Säulen und Pforten wollen ihm stattdessen von Klugheit, Arbeit, Künste und Tätigkeit zeugen; hier kann das Böse wohl nicht wohnen.

Der Sitz scheint überhaupt keine Burg zu sein, sondern ist ein schöner Tempel, in einer amönen Landschaft (locus amoenus) wie in der antiken Welt, in einem heiligen Hain, als wäre es im Elysium oder im Garten Eden, Wohnsitz der Götter: “Wo bin ich nun?” singt Tamino, “Was wird mit mir? Ist dies der Sitz der Götter hier? Es zeigen die Pforten, es zeigen die Säulen, dass Klugheit und Arbeit und Künste hier weilen. Wo Tätigkeit thronet und Müßiggang weicht, erhält seine Herrschaft das Laster nicht leicht.”

Der mittlere Tempel trägt die Inschrift: Tempel der Weisheit. Links und rechts führen Arkaden zu zwei Seitentempeln, welche die Inschriften Tempel der Vernunft und Tempel der Natur aufweisen. Anscheinend von seiner Mission fixiert, die junge Dame zu retten, läßt Tamino einen Augenblick lang seine kognitive Dissonanz zwischen dem, was ihm über Sarastro erzählt wurde und dem ästhetischen Beweis vor seinen Augen beiseite. Er faßt seinen Mut zusammen und geht auf eine der Seitentüren los. “Zurück!” ruft ein unsichtbarer Chor. Das Gleiche passiert ihm bei der zweiten Seitentür. Also ist man hier doch nicht gastfreundlich! Vielleicht stimmt alles über Sarastro. Bei der mittleren Tür darf Tamino aber eintreten, (wohl ein Zeichen dafür, dass man immer den mittleren, mäßigen Weg wählen sollte?) Hier empfängt ihn ein Priester in seinem Studierzimmer.

Ein Gespräch entwickelt sich zwischen Tamino und dem Priester über gut und böse und auch darüber, wie man zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden kann. Der Priester fragt ihn: “Wo willst du, kühner Fremdling, hin? Was suchst du hier im Heiligtum?” Komischerweise antwortet Tamino nicht etwa: “Ich suche Pamina” sondern er macht eine eher rätselhafte Aussage: “Der Lieb’ und Tugend Eigentum.” “Die Worte sind von hohem Sinn!” erwidert der Priester, dessen nächster Satz davon zeugt, dass er sehr weise ist, vielleicht sogar hellsichtig: “Allein wie willst du diese finden? Dich leitet Lieb’ und Tugend nicht, weil Tod und Rache dich entzünden.”

“Nur Rache für den Bösewicht” sagt Tamino. “Den wirst du wohl bei uns nicht finden” pariert der Priester. “Sarastro herrscht in diesen Gründen?” fragt Tamino. “Ja, ja, Sarastro herrschet hier!” “Doch in dem Weisheitstempel nicht?” “Er herrscht im Weisheitstempel hier!” Tamino entgegnet, verzweifelt: “So ist denn alles Heuchelei!” und will gehen. (Das wird wohl bedeuten, dass Tamino die Architektur irgendwie für Heuchelei hält, aber es könnte auch heißen, dass er dabei ist, zu entdecken, dass es die Königin mit ihren Damen ist, die die Heuchelei betreiben.)

Wie dem auch sei, als der Priester ihn dann fragt: “Willst du schon wieder gehen?” bejaht es Tamino: “Ja, ich will gehn, froh und frei, nie euren Tempel sehn.” Der Priester scheint zu wissen, dass Tamino hinters Licht geführt wurde: “Erklär dich näher mir, dich täuschet ein Betrug.” “Sarastro herrschet hier, das ist mir schon genug!” “Sarastro hassest du?” “Ich haß ihn ewig! Ja!”

“Nun gib mir deine Gründe an.” “Er ist ein Unmensch, ein Tyrann.” “Ist das, was du gesagt, erwiesen?” “Durch ein unglücklich Weib bewiesen.”“Ein Weib hat also dich berückt?” Jetzt sagt der Priester etwas, was auf den ersten Blick furchtbar frauenfeindlich klingt, aber über Frauenfeindlichkeit wir werden hier noch viel zu sagen haben: “Ein Weib tut wenig, plaudert viel. Du, Jüngling, glaubst dem Zungenspiel? O legte doch Sarastro dir die Absicht seiner Handlung für.”

Tamino glaubt, schon alles zu wissen: “Die Absicht ist nur allzu klar; Riß nicht der Räuber ohn’ Erbarmen Pamina aus der Mutter Armen?” Der Priester bestreitet nicht, dass Sarastro Pamina ihrer Mutter weggenommen habe: “Ja, Jüngling! Was du sagst, ist wahr.” Tamino stellt sich Fürchterliches vor: “Wo ist sie, die er uns geraubt? Man opferte vielleicht sie schon?” “Dir dies zu sagen, teurer Sohn, ist jetzund mir noch nicht erlaubt.” “Erklär dies Rätsel, täusch mich nicht!” “Die Zunge bindet Eid und Pflicht!”

Tamino fragt dann aus Verzweiflung: “Wann also wird die Decke schwinden?” ein Zeichen dafür, dass er angefangen hat zu verstehen, dass er nicht versteht. “Sobald dich führt der Freundschaft Hand ins Heiligtum zum ew’gen Band.” erwidert der Priester beim Abgehen. Tamino, der jetzt einsieht, dass er im Dunkeln tappt, betet wieder, diesmal mit folgenden Worten, als ob er fast verstünde, dass die Nacht und die Königin der Nacht ihm diese Decke auferlegt hätten: “O ewge Nacht, wann wirst du Schwinden? – Wann wird das Licht mein Auge finden? – ” Hierauf hört er den unsichtbaren Chor von innen singen: “Bald, Jüngling, oder nie!” “Bald, sagt ihr, oder nie? – Ihr Unsichtbaren saget mir, lebt denn Pamina noch? – ” “Und der Chor gibt bekannt, obwohl das letzte Wort hinausgezögert wird und genausogut nicht als noch hätte sein können: “Pamina lebet ... noch!”

Tamino drückt seine Dankbarkeit durch sein Flötenspiel aus. Wie ein neuer Orpheus, dessen Musik die Tiere bezaubert hatte, spielt Tamino für die Tiere, die kommen, um zuzuhören: “Wie stark ist nicht dein Zauberton, weil, holde Flöte, durch dein Spielen selbst wilde Tiere Freude fühlen. Doch nur Pamina bleibt davon.”

Dann hört er aus der Ferne die Panflöte von Papageno und geht den beiden entgegen: “Ha, das ist Papagenos Ton! Vielleicht sah er Paminen schon! – Vielleicht eilt sie mit ihm zu mir! – Vielleicht führt mich der Ton zu ihr!” Pamina und Papageno haben auch seine Flöte gehört und eilen hin, aber Monostatos holt sie plötzlich ein. Papageno fallen die Zauberglöckchen ein, deren Laut die Sklaven nun bezaubert. Monostatos und die Sklaven gehen tanzend und singend ihres Weges. In einem zweiten Duett philosophieren Papageno und Pamina über die Bedeutung dieser Glocken:

Könnte jeder brave Mann
Solche Glöckchen finden,
Seine Feinde würden dann
Ohne Mühe schwinden,
Und er lebte ohne sie
In der besten Harmonie.
Nur der Freundschaft Harmonie
Mildert die Beschwerden;
Ohne diese Sympathie
Ist kein Glück auf Erden!

In eben diesem Augenblick hört man einen Chor sich nähern, der den triumphalen Einzug Sarastros ankündigt. Der Vogelmensch wittert seinen baldigen Untergang. Zu Pamina sagt er: “Mein Kind, was werden wir nun sprechen?” Sie erwidert: “Die Wahrheit! Die Wahrheit, wär’ sie auch Verbrechen.”

Pamina kniet vor Sarastro, und bittet ihn um Verzeihung dafür, dass sie geflohen sei. “Der böse Mohr verlangte Liebe,” erklärt sie, “darum, O Herr, entfloh ich dir. – ” (Früher hieß es, dass sie den Namen Sarastro ausrief, gerade als Monostatos sie einholen wollte. Er soll erschüttert gewesen sein und sie konnte vorübergehend entfliehen. Dies alles spricht dafür, dass Monostatos gerade nicht im Auftrage von Sarastro Sklaven hält und Mädchen vergewaltigen will, es schien nur auf den ersten Blick so.)

Jedenfalls stimmt das zusammen mit dem was nun kommt: Monastatos führt Tamino herbei, den er soeben gefangen hatte. Er behauptet, Tamino wollte mit Papagenos Hilfe Pamina entführen. Die Antworten von Sarastro zeugen dafür, dass er Monastatos schon längst durchschaut hatte. Monastatos sagt: “Du kennst mich! Meine Wachsamkeit – ” Sarastro beendet seinen Satz in einem sarkastischen Ton: “Verdient, dass man ihr Lorbeer streut. He! Gebt dem Ehrenmann sogleich –” Monostatos unterbricht ihn kriecherisch: “Schon deine Gnade macht mich reich.” Aber Sarastro hatte noch nicht zu Ende geredet: “Nur siebenundsiebzig Sohlenstreich’.” Sarastro ist ein milder Richter: das Wort nur besagt, dass Monostatos schlimmeres verdient hätte. (In der Tat zieht er am Ende unbestraft davon: Sarastro erlässt ihn die Strafe, unter anderem weil es auch ein hoher Feiertag ist.)11 Die Menschen bejubeln Sarastros himmlische Weisheit: “Es lebe Sarastro, der göttliche Weise, er lohnet und strafet in ähnlichem Kreise. ”

Sarastro ordnet an, die Priester mögen Tamino und Papageno in den Prüfungstempel einführen, damit sie gereinigt werden. Der erste Aufzug der Oper endet mit einem jubilierenden Chor, der die celestialisierung der Erde und die Vergottung der Sterblichen voraussagt:

Wenn Tugend und Gerechtigkeit
Den großen Pfad mit Ruhm bestreut,
Dann ist die Erd’ ein Himmelreich
Und Sterbliche den Göttern gleich.

Der zweite Aufzug beginnt vor folgender Szene: “Das Theater ist ein Palmwald; alle Bäume sind silberartig, die Blätter von Gold. Achtzehn Sitze von Blättern; auf einem jeden Sitze steht eine Pyramide, und ein großes schwarzes Horn mit Gold gefaßt. In der Mitte die größte Pyramide, auch die größten Bäume. Sarastro nebst anderen Priestern kommen in feierlichen Schritten, jeder mit einem Palmenzweige in der Hand.” Diese Pyramiden mit ihren dreieckigen Seiten sind wichtige Symbole in der Zauberflöte und nicht nur in den Kulissen, denn die Zahl drei findet man überall: es gibt z.B. drei Tempel, drei Knaben, drei Damen .... sogar die Tonart der Oper, E♭, Es-dur, mit den drei ♭, die vielen triadischen Akkorde, die dreimal wiederholt werden usw... alle solchen Symbole erinnern an die heilige Drei.

(Demnächst wollen wir auch das Gottehepaar Isis und Osiris behandeln, die an der Spitze einer pyramidenartigen Aufstellung der Personen und des Handelns stehen, d.h. sie bilden ein Pyramidion ähnlich dem, der auf dem großen Siegel der USA zu sehen ist, auf jedem Dollarschein zu betrachten: es ist eine kleine Musterpyramide, mit Gottesauge, die als Vorbild über der größeren in Bau befindlichen Pyramide schwebt, deren 13 Steinlager die 13 Urkolonien der USA versinnbildlichen. Solche Symbolik stammt offensichtlich aus der Freimaurerei und wurde im 18. Jahrhundert weit verbreitet: nicht nur Mozart, Schickaneder und Goethe, sondern auch George Washington und Thomas Jefferson – Joseph Smith und Brigham Young nicht zu vergessen – waren alles Freimaurer.)

Wollen wir aber vorher mal kurz Sarastros Rede beachten, die sich um Leben und Tod und Gottwerdung handelt, als er den Priestern die Lage erklärt:

Sarastro. (nach einer Pause). Ihr, in dem Weisheitstempel eingeweihten Diener der großen Götter Osiris und Isis! – Mit reiner Seele erklär ich euch, dass unsre heutige Versammlung eine der wichtigsten unsrer Zeit ist. – Tamino, ein Königsohn, zwanzig Jahre seines Alters, wandelt an der nördlichen Pforte unsers Tempels, und seufzt mit tugendvollem Herzen nach einem Gegenstande, den wir alle mit Mühe und Fleiß erringen müssen. – Kurz, dieser Jüngling will seinen nächtlichen Schleier von sich reißen, und ins Heiligtum des größten Lichtes blicken. – Diesen Tugendhaften zu bewachen, ihm freundschaftlich die Hand zu bieten, sei heute eine unsrer wichtigsten Pflichten.

Erster Priester (steht auf). Er besitzt Tugend?

Sarastro. Tugend!

Zweiter Priester. Auch Verschwiegenheit?

Sarastro. Verschwiegenheit!

Dritter Priester. Ist wohltätig?

Sarastro. Wohltätig! – haltet ihr ihn für würdig, so folgt meinem Beispiele. (Sie blasen dreimal in die Hörner.) Gerührt über die Einigkeit eurer Herzen, dankt Sarastro euch im Namen der Menschheit. – Mag immer das Vorurteil seinen Tadel über uns Eingeweihte auslassen! – Weisheit und Vernunft zerstückt es gleich dem Spinnengewebe. – Unsere Säulen erschüttern sie nie. Jedoch das böse Vorurteil soll schwinden; und es wird schwinden, sobald Tamino selbst die Größe unserer schweren Kunst besitzen wird. – Pamina, das sanfte, tugendhafte Mädchen, haben die Götter dem holden Jünglinge bestimmt; dies ist der Grundstein, warum ich sie der stolzen Mutter entriß. – Das Weib dünkt sich groß zu sein; hofft durch Blendwerk und Aberglauben das Volk zu berücken, und unsern festen Tempelbau zu zerstören. Allein, das soll sie nicht; Tamino, der holde Jüngling selbst, soll ihn mit uns befestigen und als Eingeweihter der Tugend Lohn, dem Laster aber Strafe sein. (Der dreimalige Akkord in den Hörnern wird von allen wiederholt.)

Sprecher (steht auf). Großer Sarastro, deine weisheitsvollen Reden erkennen und bewundern wir; allein, wird Tamino auch die harten Prüfungen, so seiner warten, bekämpfen? – Verzeih, dass ich so frei bin, dir meinen Zweifel zu eröffnen! Mich bangt es um den Jüngling. Wenn nun, im Schmerz dahingesunken, sein Geist ihn verließe und er dem harten Kampf unterläge. – Er ist Prinz! –

Sarastro. Noch mehr – er ist Mensch!

Sprecher. Wenn er nun aber in seiner frühen Jugend leblos erblaßte?

Sarastro. Dann ist er Osiris und Isis gegeben, und wird der Götter Freuden früher fühlen als wir. (Der dreimalige Akkord wird wiederholt.) Man führe Tamino mit seinem Reisegefährten in den Vorhof des Tempels ein. (Zum Sprecher, der vor ihm niederkniet.) Und du, Freund! den die Götter durch uns zum Verteidiger der Wahrheit bestimmten – vollziehe dein heiliges Amt, und lehre durch deine Weisheit beide, was Pflicht der Menschheit sei, lehre sie die Macht der Götter erkennen. (Sprecher geht mit einem Priester ab, alle Priester stellen sich mit ihren Palmenzweigen zusammen.)

Sarastro und der Chor stimmen jetzt ein Gebet zu Isis und Osiris an:

Sarastro. O Isis und Osiris, schenket
Der Weisheit Geist dem neuen Paar!12
Die ihr der Wandrer Schritte lenket,
Stärkt mit Geduld sie in Gefahr.

Chor. Stärkt mit Geduld sie in Gefahr.

Sarastro. Laßt sie der Prüfung Früchte sehen.
Doch sollten sie zu Grabe gehen,
So lohnt der Tugend kühnen Lauf,
Nehmt sie in euren Wohnsitz auf.

Chor. Nehmt sie in euren Wohnsitz auf.

Eine der wichtigsten Eigenschaften von Isis und Osiris – und zweifelsohne der Grund, warum sie von Mozart und Schickaneder für diese Oper ausgewählt wurden – ist die, dass sie ein Gottehepaar sind, welches die höchste Form der Liebe verkörpern und welches das Böse und auch den Tod überwunden haben. (All die anderen Ehepaar im Pantheon – man denke an Wotan und Fricka, Zeus und Hera – sind Ehebrecher und zutiefst unglücklich!)

Man wird sich daran erinnern, dass im Mythos Seth,13 der böse Bruder von Osiris, Gott der toten roten Wüste, seinen Bruder aus Neid ermordet, weil Osiris der Gott des grünen fruchtbaren Niltals war, der Gott der Vegetation und des neuen blühenden Lebens. Seth versteckt vorerst den Leichnam, aber weil er von Isis aufgefunden wird, zerhackt ihn Seth und zerstreut die Teile im ganzen Reich, damit er nicht mehr angebetet bzw. aufgefunden werden konnte. Aber der Plan des Bösen gelingt ihm nicht: wo auch immer ein Stückchen von Osiris begraben bzw. gepflanzt wurde, springt neues Leben empor: Söhne und Töchter von Isis und Osiris. Isis sammelt auch nach und nach alle Körperteile des Osiris wieder ein, worauf Osiris wieder lebendig wird. Im Endeffekt hat Seth geholfen, dass es mehr neues Leben gibt, nicht weniger.

Weil er einmal tot war, wird Osiris in der Ikonographie immer als Mumie verkleidet dargestellt. Weil er aber wieder lebendig ist, hat er auf allen Bildern immer eine grüne Haut, Symbol am Nil für neues, blühendes Leben. Isis steht ihm zur Seite als die Gestorbenen gerichtet werden und, wenn sie würdig sind, wenn ihr Herz leichter als eine Feder ist, zu Isis und Osiris, zu den lebendigen Göttern, durch den Schleier hineingehen dürfen.

Im syncretistischen Pantheon – unter Syncretismus versteht man einen systematischen Vergleich der verschiedenen Götter in verschiedenen Mythen – ähnelt Osiris erstens dem Orpheus, der von bösen Kräften auch zerstückelt wurde, dessen Teile aber, wo sie auch immer hinkamen, neue Harmonie schufen. Osiris ähnelt auch Dionysos/Bacchus, der die Fruchtbarkeit und neues Leben nebst Weintraube aus dem Osten brachte, aber am meisten ähnelt er Jesus Christus, dem auferstandenen Gott, dessen Anhänger sich seiner gedenken, indem sie kleine Stücke seines Fleisches verzehren und den Saft der Trauben, sein Blut, trinken. In jedem, in welchem ein solches Stück Gott begraben bzw. gepflanzt wird, springt neues Gottleben empor, jeder, bzw. jede wird ein Sohn bzw. eine Tochter Jesu Christi mehr, welche auch am Ende eingesammelt werden, genau wie der Gott selber eingesammelt wurde.

Um zu Tamino und Papageno zurückzukommen, welche in den Prüfungstempel geführt wurden, können wir beobachten, wie die Priester sie fragen, was sie im Tempel suchen. Tamino antwortet: “Freundschaft und Liebe” und er bejaht die Frage: “Bist du bereit, sie mit deinem Leben zu erkämpfen?”

Papageno wird auch gefragt: “Willst auch du dir Weisheitsliebe erkämpfen?” aber er antwortet: “Kämpfen ist meine Sache nicht. Ich verlange auch im Grunde gar keine Weisheit. Ich bin so ein Naturmensch, der sich mit Schlaf, Speis’ und Trank begnügt; und wenn es ja sein könnte, dass ich mir einmal ein schönes Weibchen fange – ” Die Priester teilen ihm mit, dass er dies niemals erlangen wird, wenn er sich allen Gesetzen nicht unterwirft und sogar den Tod nicht scheuen wird. “Ich bleibe ledig!” sagt er.

Die Priester geben nicht auf: “Aber wenn du dir ein tugendhaftes, schönes Mädchen erwerben könntest?” “Ich bleibe ledig!” Sie appellieren an seinen Narzissismus: “Wenn aber Sarastro dir ein Mädchen aufbewahrt hätte, das an Farbe und Kleidung dir ganz gleich wäre?” “Ist sie jung?” erkundigt sich Papageno. “Jung und schön.” “Und heißt?” fragt Papageno. “Papagena.” “Wie? – Pa – ?” “Papagena.” bestätigen es die Priester.

“Papagena? Die möchte ich aus bloßer Neugierde sehen.” “Sehen kannst du sie!” sagen die Priester, aber Papageno ist argwöhnisch: “Aber wenn ich sie gesehen habe, hernach muß ich sterben?” Der Priester macht eine zweideutige Pantomime und Papageno deutet dies im möglichst pessimistischen Sinne: “Ja? – Ich bleibe ledig.”

“Sehen kannst du sie,” fahren die Priester fort, “aber bis zur verlaufenen Zeit kein Wort mit ihr sprechen. Wird dein Geist soviel Standhaftigkeit besitzen, deine Zunge in Schranken zu halten? “O ja!” erwidert Papageno. “Auch dir, Prinz, legen die Götter ein heilsames Stillschweigen auf; ohne dieses seid ihr beide verloren. Du wirst Pamina sehen, aber nie sie sprechen dürfen; dies ist der Anfang eurer Prüfungszeit.”

Dann stimmen die Priester ein Duett an, in welchem die Beiden eindringlich ermahnt werden, (in dessen Text aber die Frauenfeindlichkeit wieder stark nachklingt):

Bewahret euch vor Weibertücken:
Dies ist des Bundes erste Pflicht!
Manch weiser Mann ließ sich berücken,
Er fehlte und versah sich’s nicht.
Verlassen sah er sich am Ende,
Vergolten seine Treu’ mit Hohn!
Vergebens rang er seine Hände,
Tod und Verzweiflung war sein Lohn.

In einem Sinne ist dies eine Warnung vor der Königin und ihren Damen, die um den Tempel herumlauern, um womöglich Tamino und Papageno in eine Falle zu locken. In der nächsten Szene kommen diese tatsächlich aus der Versenkung hervor und wollen den Novizen dazu überreden, ihr Gelübde zu brechen. Wenn alle anscheinend frauenfeindlichen Äußerungen in der Oper sich nur auf die Königin bezögen, wäre es leichter, sie zu erklären. Wahr ist, dass viele solcher sich anfangs auf die Königin beziehen, wie oben, aber dann werden sie anscheinend schnell auf alle Frauen verallgemeinert. (Wir werden sehen, dass das alles in der Zauberflöte erkenntnistheoretische Zwecke erfüllt.)

Nach ihrer Flucht vor Monostatos versuchte z.B. einmal Pamina dem Hohenpriester Sarastro die in ihr sich streitenden Loyalitäten zu erklären: “Mich rufet ja die Kindespflicht, denn meine Mutter – ” “Steht in meiner Macht” unterbricht sie Sarastro jäh. “Du würdest um dein Glück gebracht, wenn ich dich ihren Händen ließe.” “Mir klingt der Muttername süße;” beharrt Pamina, “sie ist es –” “Und ein stolzes Weib,” donnert Sarastro noch einmal: “Ein Mann muß Eure Herzen leiten, denn ohne ihn pflegt jedes Weib aus seinem Wirkungskreis zu schreiten.” Das klingt sehr allgemein gemeint. Aber es kommt noch:

Im Tempel nun eingedrungen, versuchen die Damen Tamino dazu zu bewegen, an Gerüchte und Gemunkel zu glauben: “Tamino, hör, du bist verloren! Gedenke an die Königin! Man zischelt viel sich in die Ohren von dieser Priester falschem Sinn.” Ohne sein Gelübde zu brechen, denn er spricht nur für sich, zeigt Tamino, dass er damals von dem alten Priester erkenntnistheoretisch viel gelernt haben muß: “Ein Weiser prüft und achtet nicht, was der gemeine Pöbel spricht.”

Die Damen lassen nicht locker: “Man sagt, wer ihrem Bunde schwört, der fährt zur Höll’ mit Haut und Haar.” Das erschrickt Papageno, der von Tamino wissen will, ob das wahr ist. Nach den Regeln der Oper darf Tamino ihm anscheinend singend eine Antwort geben: “Geschwätz, von Weibern nachgesagt, von Heuchlern aber ausgedacht.” Papageno singt: “Doch sagt es auch die Königin.” “Sie ist ein Weib, hat Weibersinn,” erwidert singend Tamino. Bald endecken die Priester die Anwesenheit der Frauen: “Entweiht ist die heilige Schwelle! Hinab mit den Weibern zur Hölle!”

Wir wollen jetzt ein letztes Beispiel von Frauenfeindlichkeit anführen, bevor wir das Kunststück unternehmen zu beweisen, dass diese Oper nicht frauenfeindlich ist: Als ihre Mutter mit einem Dolch zu Pamina kommt und verlangt, dass sie Sarastro damit tötet, berichtet sie von den Worten ihres Mannes, Paminas Vater, während seiner letzten Stunde. Wir erfahren hier unter anderem, dass ihr Mann der Hohepriester der Brüderschaft war, Sarastros Vorgänger. Die Königin hatte seine Macht und deren symbolische Zeichen heiß begehrt: “Weib, meine letzte Stunde ist da – alle Schätze, so ich allein besaß, sind dein und deiner Tochter.” “Der alles verzehrende Sonnenkreis” – fiel ich ihm hastig in die Rede – “Ist den Geweihten bestimmt”, antwortete er, “Sarastro wird ihn so männlich verwalten wie ich bisher. Und nun kein Wort weiter; forsche nicht nach Wesen, die dem weiblichen Geist unbegreiflich sind. Deine Pflicht ist, dich und deine Tochter der Führung weiser Männer zu überlassen.”

Wie soll man solch krasse himmelschreiende Weiberfeindlichkeit erklären, geschweige denn gerechtfertigen? Wir müssen uns an die Frage von Sein und Schein erinnern, die wir uns am Anfang unserer Diskussion gestellt haben und diese zu einer Art Gedankenexperiment umformen: gesetzt, also, dass diese Oper eine Art Schule für Epistemologie, für Erkenntnistheorie zu sein scheint, in der die Personen, wie auch die Zuschauer, zwischen sich widersprechenden Wahrheitsansprüchen zu wählen lernen müssen (daher der “Bruch” in der Handlung, die Frage, ob die Königin das Gute oder das Böse verkörpert, das Gespräch von Tamino mit dem alten Priester über das Wesen von Sarastro usw.), ist es nicht möglich, dass auch die Frauenfeindlichkeit in Frage gestellt werden sollte und wir aufgefordert werden sollten, diese Meinungsäußerungen, auch von Seiten der Priester, von Sarastro selber, ins Kreuzverhör zu nehmen? Auf das Risiko hin, zeitgenössische Angelegenheit einem 200-Jahre alten Text aufzuzwingen, wollen wir trotzdem versuchen, die Frage der Frauenfeindlichkeit anzugehen, (bevor wir uns Quichottenhaft auf eine weitere Windmühle stürzen, nämlich auf die Frage des Rassismus.)

Wir wollen uns zuerst das frühe Duett zwischen Papageno und Pamina in Erinnerung rufen, in dem die Zeilen aufkommen: “Wir wollen uns der Liebe freun, wir leben durch die Lieb’ allein ... Ihr hoher Zweck zeigt deutlich an, nichts edlers sei als Weib und Mann.” Das Lied ended mit dem bedeutenden Chiasmus: “Mann und Weib und Weib und Mann, reichen an die Gottheit an.” Das ist doch das genaue Gegenteil von Frauenfeindlichkeit!

Das Leitmotiv, wonach ein Mann und eine Frau zusammen an die Gottheit anreichen, wird später nochmals aufgegriffen, nachdem Tamino alle bisherigen Prüfungen bestanden hatte und jetzt vor der großen letzten Prüfung steht. Zwei schwarz geharnischte Männer, auf deren Helmen Feuer brennt, singen ihm in einem Duett die Worte vor, welche auf einer Pyramide geschreiben stehen, die seinen Weg in die Berge markiert:

Der, welcher wandert diese Straße voll Beschwerden,
Wird rein durch Feuer, Wasser, Luft, und Erden;
Wenn er des Todes Schrecken überwinden kann,
Schwingt er sich aus der Erde himmelan.
Erleuchtet wird er dann imstande sein,
Sich den Mysterien der Isis ganz zu weihn.

Tamino ist bereit, sich allein in die Berge zu stürzen, denn er singt: “Mich schreckt kein Tod, als Mann zu handeln ...” aber dieses Duett betont, dass es die Mysterien der Isis, des weiblichen Gottteils sind, in die er eingeführt werden sollte. Und gerade dann lernt er, dass Pamina mit ihm gehen sollte, denn hier sollten sie als Priest und Priesterin, als Gott und Göttin zusammengefügt werden, und dass der Tod sie niemals wird trennen können: “Nun trennet uns kein Schicksal mehr, wenn auch der Tod beschieden wär’!” Tamino und die beiden Cherubimähnliche geharnischte Männer (mit flammenden Helmen statt flammenden Schwertern), Wächter auf dem Weg in die Ewigkeit, singen jetzt zusammen die bedeutenden Worte: “Froh Hand in Hand in Tempel gehn. Ein Weib, das Nacht und Tod nicht scheut, ist würdig und wird eingeweiht.”

Und jetzt, sehr bedeutend, folgt Pamina Tamino nicht in den Tempel, sondern sie führt ihn hin. Sie wird selber von der Göttin Liebe geleitet, und beide werden von der Zauberflöte geschützt. Diese hat das Wesentliche vom Baum des Lebens in sich, denn Pamina erzählt Tamino ausgerechnet jetzt, von welchem heiligen Baum und unter welchen segenverheißenden Umständen ihr Vater die Flöte geschnitzt hatte:

Ich werde aller Orten
An deiner Seite sein. –
Ich selbsten führe dich --
Die Liebe leite mich!
(Sie nimmt ihn bei der Hand.)
Sie mag den Weg mit Rosen streun,
Weil Rosen stets bei Dornen sein.
Spiel du die Zauberflöte an,
Sie schütze uns auf unsrer Bahn.
Es schnitt in einer Zauberstunde
Mein Vater sie aus tiefstem Grunde
Der tausenjährgen Eiche aus
Bei Blitz und Donner – Sturm und Braus. –
Nun komm und spiel die Flöte an!
Sie leite uns auf grauser Bahn.

Als sie nun ihre Prüfung beenden, frohlockt ein Chor, der jetzt bezeichnenderweise nicht nur aus Männern besteht, sondern auch aus Frauen:14 “Triumph! Triumph! Du edles Paar! Besieget hast du15 die Gefahr! Der Isis Weihe ist nun dein! Kommt, tretet in den Tempel ein!” Nun, als die Musik ein freudenvoller feierlicher Hochzeitstanz wird, singt der Chor:

Heil sei euch Geweihten!
Ihr dranget durch Nacht.
Dank sei dir, Osiris,
Dank dir, Isis, gebracht!
Es siegte die Stärke
Und krönet zum Lohn
Die Schönheit und Weisheit
Mit ewiger Kron’!

Isis und Osiris haben bestimmt, dass Tamino und Pamina auf ewig zusammensein sollten und Götter werden sollten, wie sie. Die Zauberflöte lädt uns also ein, Isis und Osiris als unser höchstes Vorbild zu betrachten, nicht etwa Sarastro, rechtschaffener Mann wie er nunmal eben ist, oder sogar Paminas Vater, dessen Frau es nicht verdient hat, ihm im Tempel zur Seite zu stehen. Weit entfernt von Isis und Osiris steht Monostatos, dessen Name den Egoismus an sich zeigt: mono- muß doch allein- bedeuten und -statos (im Griechischen jedenfalls) -stehend. Er ist also einer, der immer allein steht, immer auf sich allein aufpasst. Zuerst will er sich “Liebe” durch Vergewaltigung verschaffen um dann später durch ein Bündnis mit der Königin die Tochter als Frau geschenkt bekommen, nachdem der Tempel wird zerstört worden sein. (Rückblickend war die Königin immer schon zu sehr bereit, Männern ihre Tochter zu versprechen ...)

Also, zusammenfassend kann man vielleicht schon sagen, obwohl herkömmliche Gewohnheiten und gängige Meinung über Frauen von einigen Priestern wiederholt werden, dass dies noch lange nicht bedeuten soll, es habe damit ein Ende. Auch wenn Sarastro im Zölibat lebt, erfahren wir aus seiner Rede an die Priester selber, dass Pamina in Zukunft eine wichtige Rolle zu spielen hat zusammen als ein Wesen mit Tamino, den Tempelbau vor Zerstörung zu beschützen: “Pamina, das sanfte, tugendhafte Mädchen, haben die Götter dem holden Jünglinge bestimmt; dies ist der Grundstein, warum ich sie der stolzen Mutter entriß.” Es ist offensichtlich, dass das Gottpaar Isis-Osiris sich ein irdisches, selber an die Gottheit anreichendes Spiegelbild wünscht, nämlich Pamina-Tamino (und nebenbei gesagt: Papageno-Papagena), das von nun an die Führung im Tempel übernimmt. Das alte Weltbild der rechtschaffenen Menschen als ehelos – man denke wohl an Mönche und Nonnen – ist dabei, dem neuen aufgeklärten Weltbild zu weichen: das neue Modell der Heiligkeit wird von nun an auf Grund der Gleichheit der Frauen aufgebaut und aus rechtschaffenen Ehepaaren bestehen.

An sich wurde der Keim zu solchen Gedanken schon in der Freimaurerei und in der Aufklärung überhaupt gepflanzt: wenn die Menschen alle gleich sind, müssen es auch die Frauen sein. Nur, es lag an Mozart und Schickaneder, die Konsequenzen aus all dem zu ziehen, denn bei den Freimaurern und sonst in der Gesellschaft von damals war es im praktischen Sinne noch lange nicht soweit: Frauen waren noch nicht vollberechtigt. Wenn man also immer wieder hört: “Die Zauberflöte geht um die Freimaurerei” stimmt das schon, nur: die Zauberflöte zeigt den Freimaurern und allen anderen von 1791 wie auch heute, wo die Zunkunft liegt.

An sich ist es sehr einfach und paradigmatisch kristallklar: strukturell steht das Gottehepaar Isis-Osiris ganz oben, als Vorbild für das irdische Paar Adam-Eva, also Tamino-Pamina, und ganz unten liegt das Anti-Gott-Nichtehepaar, die Königin der Nacht und Monostatos, die nur in einer üblen mariage de convenance am Ende der Oper nur kurz und aus falschen Gründen zusammenkommen.

In der Mitte, so auf halber Höhe, steht noch ein Ehepaar, Papageno-Papagena, die von den Göttern gesegnet werden, die aber wegen ihrer eigenen Charakterschwächen nicht die volle Freude der Eingeweihten fühlen werden. Papageno ist einer, der anfangs nur sich selbst lieben kann. Papagena muss also genau aussehen wie er. Ihr Name ist bis auf das -a auch sein Name. Es ist im Grunde genommen die Liebe eines Narzissisten für sein eigenes Spiegelbild. Allerdings wissen die Götter, wie einem solchen Narzissisten beizukommen ist. Auch wenn er wiederholt, für ihn wäre das Höchste ein gut Glas Wein, ist es am Ende der Wein selber, der ihn eines anderen belehrt:

Sprecher. Mensch! du hättest verdient, auf immer in finstern Klüften der Erde zu wandern; – die gütigen Götter aber entlassen der Strafe dich. – Dafür aber wirst du das himmlische Vergnügen der Eingeweihten nie fühlen.

Papageno. Je nun, es gibt ja noch mehr Leute meinesgleichen. – Mir wäre jetzt ein gut Glas Wein das größte Vergnügen.

Sprecher. Sonst hast du keinen Wunsch in dieser Welt?

Papageno. Bis jetzt nicht.

Sprecher. Man wird dich damit bedienen. – (Ab. Sogleich kommt ein großer Becher, mit rotem Wein angefüllt, aus der Erde.)

Papageno. Juchhe! Da ist er ja schon! – (Trinkt.) Herrlich! – Himmlisch! – Göttlich! – Ha! ich bin jetzt so vergnügt, dass ich bis zur Sonne fliegen wollte, wenn ich Flügel hätte. – Ha! – mir wird ganz wunderlich ums Herz! – Ich möchte – ich wünschte – ja, was denn?

Papageno beginnt seine bekannte Arie, aus der hervorgeht, dass er doch irgendwie eine Frau haben möchte, und dass dieser Wunsch doch seine ewigen Implikationen hat mit “Seligkeit” und “Elysium” einerseits und “Tod” und “Flamme” (der Hölle) andererseits:

Ein Mädchen oder Weibchen
Wünscht Papageno sich!
O so ein sanftes Täubchen
Wär Seligkeit für mich!
Dann schmeckte mir Trinken und Essen,
Dann könnt ich mit Fürsten mich messen,
Des Lebens als Weiser mich freun,
Und wie im Elysium sein.

Ein Mädchen oder Weibchen
Wünscht Papageno sich!
O so ein sanftes Täubchen
Wär Seligkeit für mich!
Ach, kann ich denn keiner von allen
Den reizenden Mädchen gefallen?
Helf eine mir nur aus der Not,
Sonst gräm ich mich wahrlich zu Tod.

Ein Mädchen oder Weibchen
Wünscht Papageno sich!
O so ein sanftes Täubchen
Wär Seligkeit für mich!
Wird keine mir Liebe gewähren,
So muß mich die Flamme verzehren!
Doch küßt mich ein weiblicher Mund –
So bin ich schon wieder gesund.

Es hat bei Papageno aber noch einen langen Weg bis dahin. Er wird noch einen Selbstmordversuch und manches andere ausstehen müssen. Doch, durch unsere Abschweifung über Frauenfeindlichkeit haben wir ziemlich weit vorgreifen müssen. Wir wollen wieder den Faden aufnehmen: Während Tamino und Papageno ihre frühen Schweigeprüfungen im Tempel durchmachen, entdeckt Monostatos Pamina schlafend im mondbeschienenen Garten und versucht nochmal, sie zu vergewaltigen. Nachdem er offenbart, dass er die 77 Sohlenstreiche nicht hat einstecken müssen, weil heute ein heiliger Tag sein sollte, singt er in schnellen verschwörerischen Tönen davon, seiner schwarzen Hautfarbe die Schuld an allem gebend, dass ein Leben ohne Frau wahrlich wie eine Höllenglut wäre:

Alles fühlt der Liebe Freuden,
Schnäbelt, tändelt, herzt und küßt;
Und ich sollt’ die Liebe meiden,
Weil ein Schwarzer häßlich ist!
Ist mir denn kein Herz gegeben?
Bin ich nicht von Fleisch und Blut?
Immer ohne Weibchen leben,
Wäre wahrlich Höllenglut!

Drum so will ich, weil ich lebe,
Schnäbeln, küssen, zärtlich sein!
Lieber guter Mond vergebe,
Eine Weiße nahm mich ein.
Weiß ist schön! Ich muß sie küssen;
Mond, verstecke dich dazu!
Sollt’ es dich zu sehr verdrießen,
O so mach die Augen zu!

Monostatos wird bei seinem Vorhaben durch das Erscheinen der Königin unterbrochen. Er versteckt sich in der Nähe und belauscht das Gespräch zwischen Mutter und Tochter. Die Königin hat erfahren, dass Tamino sich den Eingeweiten ergeben hatte und somit ihre Ränke vereitelt hat. Jetzt will sie nicht mehr klimpern sondern klotzen. Pamina soll mit dem mitgeführten Dolch Sarastro töten und den siebenfachen Sonnenkreis zurücknehmen, der ihrem Vater gehört hatte, das er aber auf seinem Sterbebett Sarastro vermachte.

Pamina fragt ihre Mutter warum sie Tamino nicht lieben darf, selbst wenn er eingeweiht werde: “Liebe Mutter, dürft ich den Jüngling als Eingeweihten denn nicht auch ebenso zärtlich lieben, wie ich ihn jetzt liebe? Mein Vater selbst war ja mit diesen weisen Männern verbunden. Er sprach jederzeit mit Entzücken von ihnen, preiste ihre Güte – ihren Verstand – ihre Tugend. Sarastro ist nicht weniger tugendhaft.”

Solcher Verrat an ihrem Vorhaben versetzt die Königin in Zorn: “Was hör ich? Du, meine Tochter, könntest die schändlichen Gründe dieser Barbaren verteidigen? So einen Mann lieben, der, mit meinem Todfeind verbunden, mit jedem Augenblick nur meinen Sturz bereiten würde? Siehst du diesen Stahl? Er ist für Sarastro geschliffen. Du wirst ihn töten und den mächtigen Sonnekreis mir überliefern.”

Und dann, in einer der berühmtesten und bekanntesten Arien in dem ganzen Opernrepertorium schwört diese haßerfüllte Furie von der Hölle und von der ewigen Flamme ihre Tochter auf ewig zu verstoßen, wenn sie den Mord nicht begeht. Auf ihre Weise auch schön, ist die Musik doch passend fieberhaft, rasend wahnsinnig, grimmig wütend. Ihre Stimme kocht über, sich zu einem gellenden Schrei anheben:

Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen,
Tod und Verzweiflung flammet um mich her!
Fühlt nicht durch dich Sarastro Todesschmerzen,
So bist du meine Tochter nimmermehr.
Verstoßen sei auf ewig, verlassen sei auf ewig,
Zertrümmert sei’n auf ewig alle Bande der Natur,
Wenn nicht durch dich Sarastro wird erblasen!
Hört, Rachegötter! Hört der Mutter Schwur!

Wenn sie fertig ist, versinkt die Königin (laut Bühnenanweisung) wieder in die Unterwelt. Monastatos nutzt seine Chance: er kommt hervor, nimmt Pamina den Dolch ab, und versucht sie nun zu erpressen: “Ein einziges Wort sprech ich zu Sarastro, und deine Mutter wird in diesem Gewölb’, in dem Wasser, das die Eingeweihten reinigen soll, wie man sagt, ersäuft.”

Pamina weist ihn zurück. Dann spielt Monostatos die sogenannte Rassenkarte. Voll Zorn sagt er: “...warum? Weil ich die Farbe eines schwarzen Gespenstes trage? Nicht? Ha! So stirb!” (Sein “Nicht?” setzt voraus, sie muß mit dem Kopf geschüttelt haben, um zu deuten: Es ist nicht eine Sache der Hautfarbe!”) Obwohl sie ihm auf Knien sagt, sie habe ihr Herz Tamino gegeben und ihn um Gnade bittet, hebt Monostatos den Dolch: “Liebe oder Tod!” “Nie!” sagt Pamina entschieden.

Monostatos hebt zum Schlag aus: “So fahre dahin!” aber in eben dem Augenblick erscheint Sarastro und schiebt ihn weg. Ertappt, platzt er mit einer weiteren Lüge heraus: “Herr, mein Unternehmen ist nicht strafbar, ich bin unschuldig! Man hat deinen Tod geschworen, darum wollte ich dich rächen.” Sarastro erwidert: “Ich weiß nur allzuviel, weiß, dass deine Seele ebenso schwarz als dein Gesicht ist. Auch würde ich dies schwarze Unternehmen mit höchster Strenge an dir bestrafen, wenn nicht ein böses Weib, das zwar eine sehr gute Tochter hat, den Dolch dazu geschmiedet hätte. Verdank es der bösen Handlung des Weibes, dass du ungestraft davonziehst. Geh!”

Diese Hinweise auf die Farbe von Monostatos’ Haut verdienen eine feinfühlige Analyse. Wie im Falle der frauenfeindlichen Äußerungen in der Zauberflöte scheint diese Oper auch Rassenklischees zu bestätigen; doch in der Tat unterminiert und unterhöhlt sie diese unaufhörlich. Wenn z.B. Papageno zuerst auf Monastatos stößt, spielen gewiß fremdenfeindliche Klischees – der Schwarze als Gespenst – eine Rolle im Schrecken, den Papageno in allen Gleidern spürt: “Das ist – der Teu – fel sich – erlich.” (Außerdem kommt er mit einem starken Vorurteil gegen den bösen Dämon Sarastro in dessen Reich erst an!) Doch sofort nach dem ursprünglichen Schock kommt auch der nicht gerade überdurchschnittlich intelligente Papageno zu Vernunft: “Bin ich nicht ein Narr, dass ich mich schrecken ließ? – Es gibt ja schwarze Vögel in der Welt, warum denn nicht auch schwarze Menschen?”

Wie im Falle von Frauenfeindlichkeit scheinen Mozart und Schickaneder die Menschen in ihren Vorurteilen zu fangen um sie dann einladen zu wollen, diese auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen. Im Laufe der Oper sieht man z.B. ganz genau, dass Sarastro keineswegs wegen seiner Hautfarbe gegen Monostatos disriminiert hätte; im Gegenteil, jener wird ihm wohl aus Großzügigkeit mehr Handlungsfreiheit gegeben haben, als dieser es verdient hätte. Am Ende sagt ihm Sarastro ausdrücklich, dass es seine schwarze Seele und sein schwarzes Unternehmen sind, die ihn strafbar machen, aber absolut nicht seine schwarze Hautfarbe.

Jetzt, wo er die Tochter nicht kriegt, läuft Monostatos der Mutter nach, der Königin der Nacht, ein Titel, der ihre nächtliche, schwarze Wesenheit ausdrückt, denn in ihrem Fall ist die Schwärze auch nicht etwa eine Hautfarbe, sondern eine innerliche Qualität. Die Bosheit ist also weder vom Geschlecht noch von der Hautfarbe abhängig. Beide innerlich schwarze Wesen schließen sich aber hier zusammen, nicht nur weil gleich und gleich sich gern gesellt, sondern weil die Königin für ihre Ränke gleichgesinnte Soldaten braucht.

Dass Mozart und Schickaneder 1791 imstande waren, gegen Rassenklischees bei Westeuropäern anzukämpfen klingt genauso schwer zu akzeptieren, als dass sie die Gleichberechtigung für Frauen einführen wollten. Doch ein kurzer Exkurs in das Leben eines Bekannten von Mozart, eines gewissen Angelo Soliman, könnte ein Licht auf die Sache werfen. Soliman, der eigentlich Mmadi Make hieß, wurde um 1726 in Afrika geboren. Mit sieben wurde er von einem befeindeten Stamm gekidnappt und Europäern verkauft, die ihn nach Italien brachten. Dort wurde er von einem Marquis erzogen und ausgebildet. Irgendwann wurde er von einem österreichischen General, Johann Georg Christian, Fürst Lobkowitz bemerkt und bewundert, der ihn dann als Geschenk des Marquis annahm.

Ein zutiefst intelligenter und gebildeter Mann – er soll perfekt Deutsch, Italienisch und Französisch gesprochen haben, auch über Englisch-, Tschechisch- und Lateinkenntnisse verfügend – Angelo Soliman war allen bedeutenden Wissenschaftlern und Künstlern in Wien bekannt. Zwanzig Jahre lang begleitete er den General auf seinen Feldzügen bis er, nach dem Tode Lobkowitz’ von Joseph Wenzel, Fürst Liechtenstein, geerbt wurde, den er nach Frankfurt begleitete, als der Fürst dort seine Lobbydienste für den neuen römischen Kaiser Joseph II. aufnahm.

Soliman zog sich immer aristokratisch an und soll in seinem weißen, mit Gold verbrämten Frack, der bei seiner dunklen Haut hervorstach, einen blendenden Eindruck gemacht haben. In Frankfurt hat er die enorme Summe von 20 000 Gulden beim Spielen verdient, die es ihm ermöglichte, nachdem er wieder in Wien weilte, heimlich die Witwe eines holländischen Schiffskapitäns zu heiraten (allerdings im Stefansdom!), sich ein Haus vor der Stadt zu kaufen und ein halbwegs normales Leben zu führen. Liechtenstein, durch eine Bemerkung des Kaisers darauf aufmerksam geworden, war über die Eheschließung zornig, denn er betrachtete Angelo als sein Hab und Gut.

Mozart, der allerhand ungewöhnliche Menschen kannte und mit ihnen Umgang pflegte, kannte Angelo als Mitglied der Freimaurerloge Zur wahren Eintracht, der sich Soliman 1783 anschloß. Nach den Protokollen der Loge haben Mozart und Soliman gemeinsam mehrere Besuche im Tempel gemacht. Mozart hatte ihn zwar noch früher kennengelernt, um die Zeit, wo er mit dem Komponieren der Oper Die Entführung aus dem Serail beschäftigt war, die 1782 ihre Uraufführung hatte. Es kann auch sein, dass sein Interesse an dem Thema der Oper, der Befreiung der Gefangenen in einem fremden Land, durch Soliman katalysiert worden ist.

In der Entführung aus dem Serail jedenfalls, wenn der türkische Sultan Selim Bassa seine europäischen Gefangen frei gibt, trotz seiner Liebe zu Konstanze und trotzdem, dass der Vater eines der Gefangenen, Belmonte, sein Todfeind war, ist es der Muslime, der genauso wie Sarastro milde urteilt:

Belmonte. Kühle deine Rache an mir, tilge das Unrecht, so mein Vater dir angetan! Ich erwarte alles und tadle dich nicht.

Selim. Es muß also wohl deinem Geschlechte eigen sein, Ungerechtigkeiten zu begehen, weil du das für so ausgemacht annimmst? Du betrügst dich. Ich habe deinen Vater viel zu sehr verabscheut, als dass ich je in seine Fußstapfen treten könnte. Nimm deine Freiheit, nimm Konstanzen, segle in dein Vaterland, sage deinem Vater, dass du in meiner Gewalt warst, dass ich dich freigelassen, um ihm sagen zu können, es wäre ein weit größer Vergnügen, eine erlittene Ungerechtigkeit durch Wohltaten zu vergelten, als Laster mit Lastern tilgen.

Belmonte. Herr! ... Du setzest mich in Erstaunen ...

Selim (ihn verächtlich ansehend). Das glaub ich. Zieh damit hin, und werde du wenigstens menschlicher als dein Vater, so ist meine Handlung belohnt.

Dass europäische Christen solche Lektionen in der Goldenen Regel nötig hatten, geht aus der weiteren Geschichte von Angelo Soliman hervor. Soliman lebte bis Kaiser Franz II. seinen Onkel, den aufgeklärten Joseph II. und seinen Vater, Leopold II. nachfolgte. In einer unglaublich makabren Tat ließ Franz bei dem Tode Solimans seinen Leichnam beschlagnamen und trotz Protesten Seitens des Erzbischofs und der Familie ihn einem Präparator namens Franz Thaler übergeben, der ihn gehäutet, ausgestopft und auf einen Sockel montiert hat. Soliman wurde als exotisches Tier ausgestellt in einem Tableau mit Wasservögeln und einem Warzenschwein. Als Wien 1848 unter Artilleriebeschuss kam, wurde diese Sammlung, fast als Gnadentat, verbrannt.16

Zugegeben, wir wissen sehr wenig über Mozart und Angelo Soliman, aber es fragt sich, ob Mozart, Freund und Logenbruder eines solchen Mannes, entweder sich selber oder andere wie z.B. Schickaneder es erlaubt hätte, Verleumdungen über Schwarze zu schreiben. Es ist meines Erachtens bei weitem eher wahrscheinlich, dass Mozart die Zauberflöte gerade als Gegengift gegen den Rassismus wie er sie auch als Gegengift gegen die Frauenfeindlichkeit konzipierte.

Jetzt wollen wir uns der Handlung wieder zukehren: nachdem Monostatos weggegangen ist – der offenbart, dass er jetzt die Mutter aufsuchen wird, weil er die Tochter nicht haben darf – bittet Pamina den Hohenpriester, ihre Mutter nicht zu bestrafen, obwohl diese “in den unterirdischen Gemächern des Tempels umherirrt und Rache über ihn und die Menschheit kocht.” In einer schönen Arie mit ruhiger Musik vertont, die gerade das Gegenteil des Gezeters der kreischenden Mutter ist, erklärt Sarastro wie es im Tempel mit der Rache ist. In der zweiten Strophe sieht man, warum er Monsstatos in seinem Reich geduldet haben muß und warum er weder Monostatos noch die Königin bestrafen will:

In diesen heil’gen Hallen
Kennt man die Rache nicht,
Und ist ein Mensch gefallen,
Führt Liebe ihn zur Pflicht.
Dann wandelt er an Freundes Hand
Vergnügt und froh ins beßre Land.

In diesen heil’gen Mauern,
Wo Mensch den Menschen liebt,
Kann kein Verräter lauern,
Weil man dem Feind vergibt.
Wen solche Lehren nicht erfreun,
Verdienet nicht, ein Mensch zu sein.

Unterdessen fahren Tamino und Papageno mit ihren Schweigeprüfungen im unterirdischen Bereich des Tempels fort. Papageno beklagt sich, dass man “bei diesen Leuten nicht mal einen Tropfen Wasser bekommt, viel weniger sonst was.” Da tritt ein “altes häßliches Weib” aus der Versenkung hervor” mit einem großen Becher Wasser. Aus lauter Langeweile beginnt Papageno mit ihr zu plaudern. “Sag mir, wie alt bist du denn?” Sie antwortet: “Achtzehn Jahr und zwei Minuten.” Papageno wird glauben, sie muß achtzig gemeint haben, und er findet es köstlich, dass eine alte Frau aus versehen achtzehn gesagt hat.

“Hahaha! Ei, du junger Engel! Hast du auch einen Geliebten?” fragt Papageno verspottend “I freilich!” “Ist er auch so jung wie du?” fährt Papageno fort. “Nicht gar, er ist um zehn Jahre älter.” Papageno findet das urlustig: die Vorstellung eines neunzigjährigen Bräutigams verursacht bei ihm einen hysterischen Lachanfall: “Das muß eine Liebe sein! Wie nennt sich denn dein Liebhaber?” “Papageno.”

“Papageno!” Bei dieser Offenbarung ist Papageno wie vom Donner gerührt. Gibt es in dieser fremden Welt einen zweiten Papageno? “Wo ist er denn, dieser Papageno?” “Da sitzt er, mein Engel” sagt die Alte und zeigt auf Papageno. “Ich wäre dein Geliebter?” fragt er. “Ja, mein Engel!” Er fragt, wie sie heißt, aber ein starker Donnerschlagt hindert sie, ihm das zu sagen und sie humpelt schnell davon.

Jetzt kommen die drei Knaben in ihrem Flugapparat an, mit Rosen bedeckt. Sie offenbaren, dass Sarastro sie geschickt hat, die Zauberflöte und die Zauberglöckchen wiederzubringen, und sie hinterlassen einen schön gedeckten Tisch mit Speise und Trank, und versprechen: “Wenn wir zum dritten Mal uns sehen, ist Freude eures Mutes Lohn!” Papageno verdrückt die guten Brocken während Tamino erstmals eine Weile auf der Flöte spielt. Ausgerechnet jetzt erscheint Pamina.

Normalerweise dürfte man davon ausgehen, dass Papageno immer alles ausplaudert, aber ausgerechnet jetzt ist sein Mund so vollgestopft, dass er ihr nicht erklären kann, warum Tamino nicht mit ihr spricht. Die arme Pamina überzeugt sich, dass Tamino sie nicht mehr liebt. Ihre unglaublich traurige Arie endet mit der Entschlossenheit, aus dieser Welt zu scheiden:

Ach, ich fühl’s, es ist verschwunden,
Ewig hin der Liebe Glück!
Nimmer kommt ihr Wonnestunden
Meinem Herzen mehr zurück!
Sieh, Tamino, diese Tränen
Fließen, Trauter, dir allein.
Fühlst du nicht der Liebe Sehnen,
So wird Ruh’ im Tode sein!

Als sie abrückt, werden Tamino und Papageno durch dreimaligen Posaunenton aufgefordert, zu den Priestern zu gehen. Papageno will nicht von dem Essen lassen und sagt, selbst Sarastros Löwen könnten ihn nicht fortbewegen. Daraufhin erscheinen diese Löwen doch, doch Taminos Flötenspiel beschwichtigt sie. Papageno läßt sich fortschleppen.

Die Priester befinden sich in einer Pyramidengewölbe und singen folgenden prophetischen Chor:

O Isis und Osiris, welche Wonne!
Die düstre Nacht verscheucht der Glanz der Sonne.
Bald fühlt der edle Jüngling neues Leben:
Bald ist er unserm Dienste ganz ergeben.
Sein Geist ist kühn, sein Herz ist rein,
Bald wird er unser würdig sein.

Tamino wird hereingeführt und Sarastro sagt ihm, er habe noch zwei gefährliche Wege zu gehen. Dann wird Pamina gebracht. Sie fragt: “Wo ist mein Jüngling?” Sarastro sagt ihr, “er wartet deiner, um dir das letzte Lebewohl zu sagen.” Obwohl dieser Satz auch bedeuten könnte, daß die beiden nach diesem Lebewohl auf ewig zusammen sein werden und sich nie wieder “Lebewohl!” werden sagen müssen, legt ihn Pamina negativer aus: sie glaubt, sie werde Tamino nie wiedersehen.

Sie mußte vorhin zu dem Schluß kommen, dass er sie nicht mehr liebt, weil er nicht mit ihr sprechen wollte, und jetzt fährt sie konsequent mit dieser Kette von Prämissen fort. Sie ist dabei, das, was Tamino früher lernen mußte, auch am eigenen Leibe zu lernen, nämlich, dass man die Gültigkeit seiner Annahmen immer prüfen muß. Die subjektive Projektion ihrer Seelenangst auf eine viel andere Realität ist geradezu parallel zu der Projektion von Taminos Vorurteile auf die Tempelarchitektur. (Beide sind geradezu postmodern.)

Diese feste Überzeugung blendet Pamina und macht, dass sie auch die beschwichtigenden Worte der Freunde im nächsten Terzett gründlich überhört:

Pamina. Soll ich dich, Teurer, nicht mehr sehn?

Sarastro. Ihr werdet froh euch wiedersehn!

Pamina. Dein warten tödliche Gefahren!

Tamino. Die Götter mögen mich bewahren!

Pamina. Dein warten tödliche Gefahren!

Sarastro. Die Götter mögen ihn bewahren!

Pamina. Du wirst dem Tode nicht entgehen,
Mir flüstert dieses Ahnung ein.

Sarastro. Der Götter Wille mag geschehen,
Ihr Wink soll ihm Gesetze sein!

Tamino. Der Götter Wille mag geschehen,
Ihr Wink soll mir Gesetze sein!

Pamina. O liebtest du, wie ich dich liebe,
Du würdest nicht so ruhig sein.

Sarastro. Glaub mir, er fühlet gleiche Triebe,
Wird ewig dein Getreuer sein!

Tamino. Glaub mir, ich fühle gleiche Triebe,
Werd ewig dein Getreuer sein!

Sarastro. Die Stunde schlägt, nun müßt ihr scheiden!

Tamino und Pamina. Wie bitter sind der Trennung Leiden!

Sarastro. Tamino muß nun wieder fort.

Tamino. Pamina, ich muß wirklich fort.

Pamina. Tamino muß nun wirklich fort?

Sarastro. Nun muß er fort!

Tamino. Nun muß ich fort.

Pamino. So mußt du fort!

Tamino. Pamina, lebe wohl!

Pamina. Tamino, lebe wohl!

Sarastro. Nun eile fort.
Dich ruft dein Wort.
Die Stunde schlägt, wir sehn uns wieder!

Tamino und Pamina. Ach, goldne Ruhe, kehre wieder!
Lebe wohl! Lebe wohl!

Sarastro. Wir sehn uns wieder!

Als Tamino hinausgeführt wird, bleibt Papageno allein zurück. Er versucht, durch die Tür zu gehen, durch die Tamino abging aber eine Stimme ruft: “Zurück!” Der Sprecher kommt herein und sagt ihm: “Mensch! du hättest verdient, auf immer in finstern Klüften der Erde zu wandern; – die gütigen Götter aber entlassen der Strafe dich. – Dafür aber wirst du das himmlische Vergnügen der Eingeweihten nie fühlen.”

“Je nun,” antwortet Papageno, “es gibt noch mehr Leute meinesgleichen. – Mir wäre jetzt ein gut Glas Wein das größte Vergnügen.” “Sonst hast du keinen Wunsch in dieser Welt?” fragt der Sprecher. “Bisjetzt nicht,” “Man wird dich damit bedienen.” Daraufhin kommt ein großer Becher, mit rotem Wein angefüllt, aus der Erde. “Juche!” ruft Papageno. “Da ist er ja schon!”

Während er trinkt, frohlockt er (in Worten, die an die Vergottung der Menschen erinnern): “Herrlich! – Himmlisch! – Göttlich! – Ha! ich bin jetzt so vergnügt, dass ich bis zur Sonne fliegen wollte, wenn ich Flügel hätte. – Ha! – mir wird ganz wunderlich ums Herz! – Ich möchte – ich wünschte – ja, was denn?” Wir sehen, dass die Götter auch Papageno aus seiner kleinlichen Behaglichkeit zu reißen verstehen, denn in seiner drauffolgenden Arie klingen die ganzen großen Gedanken der Gottwerdung (“Mann und Weib und Weib und Mann”) mit:

Ein Mädchen oder Weibchen
Wünscht Papageno sich!
O so ein sanftes Täubchen
Wär’ Seligkeit für mich!
Dann schmeckte mir Trinken und Essen,
Dann könnt’ ich mit Fürsten mich messen,
Des Lebens als Weiser mich freun
Und wie in Elysium sein.

Ein Mädchen oder Weibchen
Wünscht Papageno sich!
O so ein sanftes Täubchen
Wär’ Seligkeit für mich!
Ach, kann ich denn keiner von allen
Den reizenden Mädchen gefallen?
Helf eine mir nur aus der Not,
Sonst gräm ich mich wahrlich zu Tod.

Ein Mädchen oder Weibchen
Wünscht Papageno sich!
O so ein sanftes Täubchen
Wär’ Seligkeit für mich!
Wird keine mir Liebe gewähren,
So muß mich die Flamme verzehren!
Doch küßt mich ein weiblicher Mund,
So bin ich schon wieder gesund!

Auf diese Stichworte erscheint prompt die alte Frau zum zweiten Mal: “Da bin ich schon, mein Engel!” “Das ist mein Glück!” antwortet Papageno erbittert. Sie verspricht, ihn zärtlich zu lieben, wenn er ihr schwört, ewig treu zu sein. Er zaudert, ihr zum Bund seine Hand zu geben: “Nur nicht so hastig, lieber Engel! – So ein Bündnis braucht doch auch seine Überlegung.” Darauf hin platzt es aus ihr heraus: “Papageno, ich rate dir, zaudre nicht. Deine Hand, oder du bist auf immer hier eingekerkert. Wasser und Brot wird deine tägliche Kost sein. Ohne Freund, ohne Freundin mußt du leben und der Welt auf immer entsagen.”

Papageno überlegt sich: “Wasser trinken? Der Welt entsagen? Nein, da will ich doch lieber eine Alte nehmen als gar keine. Nun, da hast du meine Hand mit der Versicherung, daß ich dir immer getreu bleibe, (für sich) solange ich keine Schönere sehe.” Als er ihr seine Hand reicht, verwandelt sie sich in eine schöne junge Frau, genau wie er gekleidet: “Pa – Pa – Pagagena!” stammelt er.

Als er sie umarmen will, nimmt sie der Sprecher schnell bei der Hand: “Fort mit dir, junges Weib, er ist deiner noch nicht würdig.” Papageno soll sich zurückziehen, aber das will er nicht: “Ehe ich mich zurückziehe, soll die Erde mich verschlingen.” (An dieser Stelle wird, besonders in Wien, vom Schauspieler fast immer etwas wie folgendes improvisiert: “Herr, mischen Sie sich nicht in meine Familienangelegenheiten!)

Jetzt erscheinen die engelhaften Knaben wie versprochen zum dritten Mal. Die letzten beiden Zeilen ihres Liedes wiederholt genau die Worte des Chores am Ende des ersten Aufzuges:

Bald prangt, den Morgen zu verkünden,
Die Sonn’ auf goldner Bahn.
Bald soll der Aberglaube schwinden,
Bald siegt der weise Mann.
O holde Ruhe, steig hernieder,
Kehr in der Menschen Herzen wieder;
Dann ist die Erd’ ein Himmelreich
Und Sterbliche den Göttern gleich.

Sofort merkt einer der Knaben, dass Pamina von Zweifel gequält wird, dass sie den Dolch von ihrer Mutter in der Hand hält: “Wahnsinn tobt ihr im Gehirne – Selbstmord steht auf ihrer Stirne! – ” “Fürwahr, ihr Schicksal geht uns nah!” singen sie. (Im Kapitel Sieben über die Frau ohne Schatten werden wir sehen, dass das auch hier vielleicht buchstäblich wahr sein kann: dort sind solche Knaben immer die ungeborenen Kinder der Personen der Oper.) Am Ende nehmen sie ihr den Dolch ab und nehmen Pamina mit, ihr zu zeigen, dass Tamino ihr noch treu geblieben ist.

Pamina kommt dann genau dort an, wie wir schon gesehen, wo Tamino seine letzte Prüfung durch Feuer und Wasser (eigentlich handelt es sich hier um alle vier irdischen Elemente: Feuer, Wasser, Luft und Erde) antreten sollte. Obwohl er es nicht wußte, sollte er diese Prüfung mit Pamina teilen. Man wird sich auch daran erinnern, dass sie ihn führt – wie sie von der Liebe geleitet wird – und ihm alles über die Zauberflöte erzählt, worauf er zum Schutz spielen sollte.

Inzwischen aber will noch jemand Selbstmord begehen, nämlich Papageno. Die Knaben halten auch ihn davon ab und erinnern ihn daran, dass er sein Glockenspiel glatt vergessen hatte. Als er es spielt, erscheint Papagena wieder. In einem Duett, das an die Paarungsrituale verschiedener Vögelarten erinnert, singen sie von ihren Kindern:

Papageno. Pa – Pa – Pa – Pa – Pa – Pa – Papagena!

Papagena. Pa – Pa – Pa – Pa – Pa – Pa – Papageno!

Papageno. Bist du mir nun ganz gegeben?

Papagena. Nun bin ich dir ganz gegeben!

Papageno. Nun so sei mein liebes Weibchen!

Papagena. Nun, so sei mein Herzenztäubchen!

Beide. Welche Freude wird das sein,
Wenn die Götter uns bedenken,
Unsrer Liebe Kinder schenken,
So liebe kleine Kinderlein!

Papageno. Erst einen kleinen Papageno!

Papagena. Dann eine kleine Papagena!

Papageno. Dann wieder einen Papageno!

Papagena. Dann wieder eine Pagagena!

Beide. Papagena! Papageno! Papagena!
Es ist das höchste der Gefühle,
Wenn viele, viele, viele, viele
Pa – Pa – Pa – Pa – geno,
Pa – Pa – Pa – Pa – gena,
Der Eltern Segen werden sein.

Obwohl Papageno während der Zauberflöte viele menschliche Schwächen an den Tag legt (welche ihn mit seiner besonders liebenswürdigen Musik zu einer der beliebtesten Personen der Oper macht – Schickaneder spielte die Rolle selber bei der Uraufführung) bringt auch ihn am Ende die göttliche Liebe schrittweise weg von seinem Narzissismus und Hedonismus. Allerdings sollen die Kinderchen alle Papageno bzw. Papagena heißen und genau wir er ausschauen, aber der Anfang weg vom Narzissismus ist gegeben!

Es gibt nur noch eine Szene in der Zauberflöte, der wir uns jetzt zuwenden werden: In der ersten Hälfte des Auftritts steigen Monostatos, die Königin der Nacht und ihre Damen aus ihren Versenkungen mit schwarzen Fackeln in der Hand. Sie wollen die Priester überfallen, “die Frömmler tilgen von der Erd mit Feuerglut und mächtgem Schwert!” (Monostatos erinnert die Königin an ihr Versprechen: “Doch Fürstin! halte Wort! erfülle! Dein Kind muß meine Gattin sein!”) In einem Mantra götzendienerischer Ehrerbietung beten sie: “Dir, große Königin der Nacht, sei unsrer Rache Opfer gebracht.”

Kein Kampf muß stattfinden. Mit Donner, Blitz und Sturm werden die Bösen weggefegt. Als sie versinken, singen sie: “Zerschmettert, zernichtet ist unsere Macht, wir alle gestürzet in ewige Nacht!” Das Theater verwandelt sich in eine Sonne. Tamino und Pamina sind auch als Priester (!) gekleidet.

Sarastro. Die Strahlen der Sonne vertreiben die Nacht,
Zernichten der Heuchler erschlichene Macht.

Chor der Priester. Heil sei euch Geweihten!
Ihr dranget durch Nacht.
Dank sei dir, Osiris,
Dank dir, Isis, gebracht!
Es siegte die Stärke
Und krönet zum Lohn
Die Schönheit und Weisheit
Mit ewiger Kron’!

Die Musik verwandelt sich von feierlichem Dankchor zum fröhlichen Hochzeitstanz und der Vorhang fällt. Beendet ist dieser außergewöhnlichste Päan, dieser Lobgesang auf Mann und Frau und Kinder, auf ewige Ehe und auf die Vergottungsmacht menschlicher Liebe.

Und obwohl sie als Libretto und als Text oft falsch verstanden wurde, hinterließ auch die Thematik der Zauberflöte in der europäischen, besonders in der deutschen, Kunst ihre deutlichen Spuren. Ludwig van Beethoven, Mozarts Erbe als oberster musikalischer Genie in Wien hat z.B. seine einzige Oper Fidelio als eine Art Laudatio auf seinen 35-jährigen Lehrer gemacht, deren Themen genau dieselben sind, wie wir jetzt in etwas Kürze untersuchen werden.


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Fußnoten:

1Knüppel: “Vertraute Briefe zur Charakteristik von Wien” angeführt in: Wolfgang Amadeus Mozart, Sämtliche Opernlibretti, Rudolph Angermüller, Herausgeber (Stuttgart: Reclam, 1990), Seite 920.

2In der Tat: Johann Joseph Schickaneder. Vgl. Volkmar Braunbehrens, Mozart in Wien, (München: Piper, 1986), Seite 505.

3Siehe Braunbehrens, Seite 260 und folgende.

4Siehe Braunbehrens, Seite 284 und folgende.

5Siehe Günter Meinhold, Zauberflöte und Zauberflöten-Rezeption (Frankfurt am Main: Peter Lang, 2001), Seite 150, Fußnote 25.

6Der große Germanist Oskar Seidlin hat in einem sehr intelligenten Artikel schon 1943 geschrieben, dass der Zauberflötenstoff bei Goethe große Resonanz genoss und nicht nur in Faust sondern auch in Wilhelm Meister Spuren hinterließ. Siehe “Goethes Zauberflöte” in Oskar Seidlin, Essays in German and Comparative Literature (University of North Carolina Studies in Comparative Literature 30, Chapel Hill: 1961), Seite 45-59.

7Siehe Stefan Kunze, Mozarts Opern, (Stuttgart: Reclam, 1996), Seite 628-9.

8Siehe Günter Meinhold, Zauberflöte und Zauberflöten-Rezeption (Frankfurt am Main: Peter Lang, 2001), Seite 86 wie auch Fußnote 163.

9In einigen Versionen verfolgt ein Löwe Tamino. Das ist mythisch weniger interessant – man denke an die Schlange im Garten Eden – und läßt auch symbolische Verwirrung aufkommen, denn der Wagen von Sarastro wird nachher von Löwen gezogen.

10Hamlet: I. Aufzug, III. Szene. (Man sollte die ganzen Ratschläge von Polonius an den abfahrenden Laertes lesen.) (Übersetzt von August Wilhelm Schlegel.)

11Im zweiten Aufzug, in der siebten Szene, denkt Monostatos bei sich: “Also bloß dem heutigen Tage hab ich’s zu verdanken, dass ich noch mit heiler Haut auf die Erde trete.” Auch später wird Monostatos nach einer schweren Untat nicht bestraft. Nachdem er Pamina hat töten wollen, sagt Sarastro zu ihm, von der Königin der Nacht redend: “Verdank es der bösen Handlung des Weibes, dass du ungestraft dahinziehst.” (Aufzug zwei, Szene elf)

12Offensichtlich ist das neue Paar nicht Tamino und Papageno, sondern Tamino und Pamina, die die Götter zusammengefügt haben.

13Den Griechen war Seth als Typhon bekannt, der im Wiener Successionshaus auf dem berühmten Beethovenfries von Gustav Klimt als eine Art Gorilla bzw. King Kong dargestellt wird.

14Früher hatte der Chor auch Frauenstimmen, und zwar am Ende des ersten Aufzuges, wo es heißt: “Dann ist die Erd ein Himmelreich, und Sterbliche den Göttern gleich,” womöglich ein Zeichen dafür, dass in einem solchen Himmelreich auf Erden keine Frauenfeindlichkeit existieren wird.

15Interessant, dass die beiden hier mit du angeredet werden. Soll das heißen, dass sie nun als ein Wesen betrachtet werden sollten?

16Ich bin Volkmar Braunbehrens (Mozart in Wien, Seite 96-99) für alle Informationen über Soliman schuldig.